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Ehrenmorde bis 2000

Ayse Dizim

geboren: 1981
erstickt: 23./24. August 1999
Wohnort: Bremen
Herkunft: Türkei
Kinder: keine
Täter: vier Kurden: Sehmus M., Ahmet T., Iskender T., Mehmet E.

1999 ertränken drei Kurden, alle PKK-Mitglieder, die achtzehnjährige Ayse im Uferschlamm der Weser. Gegen den Willen ihrer Eltern und gegen den Willen der Partei lebte sie mit dem 23jährigen Kurden Serif Alpsozman zusammen. Dieser hatte in der Türkei für die PKK gekämpft, seine Füße sind zerfetzt, sein Rückrat verletzt. Trotzdem muss er sein Leben der Partei widmen. Selbst als er querschnittsgelähmt nach Deutschland kommt, darf er nicht heiraten, jedensfalls keine PKK-Mitstreiterin.

Auf einer pro-kurdischen Demonstration lernt er Ayse kennen und zieht mit ihr zusammen. Doch nicht nur die Partei, auch ihr Vater ist dagegen. Er hat seine Tochter bereits jemand anderem versprochen. Ein anderer Zeitungsbericht besagt, Serif habe nach seiner Rückkehr bei Ayses Familie gewohnt und sie dort kennengelernt.

Trotzdem heiraten die beiden heimlich. Also wendet sich der Vater an die PKK, um seinen Willen durchzusetzen. Das junge Paar wird vor einen Ausschuss zitiert, erscheint aber nicht. Der für Bremen-Nord zuständige Gebietsleiter Mehmet E. beauftragt daraufhin drei junge Männer, das junge Paar umzubringen. Ayse wird erstickt, Serif wird erschlagen und anschließend überfahren.

Das Landgericht Bremen sieht im April 2001 die Tat nicht als Mord, sondern als Totschlag. Es fehle am niederen Motiv: Den geständigen Angeklagten seien aufgrund ihrer stark verinnerlichten heimatlichen Wertvorstellung keine niederen Beweggründe zu unterstellen. Daher sei die Tat kein Mord, sondern Totschlag. Der Auftraggeber Mehmet erhält neun Jahre und sechs Monate, die anderen zwischen 13 und 15 Jahren Haft. Einer von ihnen wurde von Skandalanwalt Rolf Bossi vertreten, der in einigen Ehrenmordfällen ein Mandat übernommen hat.

Im Februar 2002 hebt der Bundesgerichtshof das Urteil gegen die drei Haupttäter auf. Doch auch in der Neuverhandlung bleibt es wegen „der Erziehungstradition ihres Volkes“ beim Totschlag. Ayses Vater, um dessen Ehre es ging, trat als Nebenkläger auf (nicht etwa als Angeklagter).

Im Sommer 2014 kommt der Doppelmord noch einmal in die Medien: Es gibt immer noch Akten über Helfer der Mörder, die vom Landgericht Bremen 15 Jahre nach der Tat nicht bearbeitet wurden. Die Sache versandet, 2015 wird die Akte geschlossen.

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